Ausbildung oder Studium

Den richtigen Bildungsweg finden

Das Zeugnis in der Hand und ab in die Berufswelt – diese Situation erwartet mehr als eine halbe Million Schulabgänger:innen in Deutschland jedes Jahr. Die Auswahl ist groß: Ausbildung, Studium an einer Uni oder einer Fachhochschule? Oder lieber ein duales Studium?

Schule – und dann?

Viele junge Menschen stehen nach der Schule vor dieser großen Entscheidung und wissen nicht, was das Richtige ist. Die Fragen von Bekannten und Verwandten, wie es denn nach dem Abschluss weitergehen soll, sind in letzter Zeit immer unangenehmer geworden und man ist stets elegant ausgewichen: erst einmal ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr, ein Auslandsaufenthalt, ein Praktikum. Erst einmal schauen.

Manche Absolvent:innen wiederum wissen schon seit Jahren, dass es direkt ins Studium geht. Studieren ist in den letzten Jahren immer selbstverständlicher geworden und natürlich ist es für viele Menschen genau der richtige Weg, doch alle Schulabgänger:innen sollten sich einmal aufrichtig die Frage stellen: Was ist das Richtige für mich: Studium oder Ausbildung?

Die meisten Schulabgänger:innen entscheiden sich für ein Studium

Von 1995 bis 2021 ist die Zahl der Studienanfänger:innen von rund 260 000 auf 470 000 angestiegen, während die Anzahl der Auszubildenden stark zurückgegangen ist. Grundsätzlich gibt es mittlerweile viel mehr Studierende als Auszubildende und das, obwohl die Anzahl sich vor nur 20 Jahren noch sehr ähnlich war. Gleichzeitig entwickelt sich der Fachkräftemangel in Deutschland zu einem größer werdenden Problem. Viele Firmen finden keine Bewerber:innen für ihre ausgeschriebenen Stellen. Daher suchen fast alle Handwerksbetriebe nach Azubis, die sie ausbilden und dann übernehmen wollen.

Die Entscheidung für oder gegen eine Ausbildung bzw. Studium sollte von deinen Interessen und Fähigkeiten abhängen – und nicht von Klischees. Das größte Klischee ist eng mit Prestige verbunden: Ein Studium sei mehr wert und Azubis seien weniger gebildet. Das stimmt so nicht: Insbesondere der Bildungspunkt ist differenziert zu betrachten. Eine Ausbildung bietet außerdem die Möglichkeit, sich später weiterzubilden und beispielsweise einen Meistertitel zu erlangen.

Tipp: Unter bestimmten Bedingungen kann die Ausbildungsdauer verkürzt werden, zum Beispiel wenn du besonders gute Noten in der Berufsschule vorweisen kannst oder bereits eine abgeschlossene Ausbildung hast.

Ausbildung gleich Praxis und Studium gleich Theorie – oder doch nicht?

Es geht um unterschiedliche Herangehensweisen an Bildung: Während im Studium die Theorie im Vordergrund steht, wird in der Ausbildung viel praktisch gearbeitet. Das bedeutet auch, dass die meisten Absolvent:innen nach einer Ausbildung bereits den Berufs- oder Betriebsalltag und die gängigen Maschinen oder PC-Programme ihrer Branche beherrschen, während Studis ein vergleichsweise großes Hintergrundwissen mitbringen. In der Ausbildung spielt die Theorie ebenso eine grundlegende Rolle wie die praktische Anwendung im Studium. Jedoch variiert die Bedeutung je nach Beruf und dem Schwerpunkt, der gesetzt wird.

So wird ein:e Feinwerkmechaniker:in beispielsweise nicht aus der bloßen Theorie das nötige Fingerspitzengefühl entwickeln und die typischen Handgriffe internalisieren. Die Möglichkeit, das erlerntes Wissen direkt im Betrieb anwenden und verfestigen zu können, ist nicht zu unterschätzen. Im Gegensatz dazu basiert die Arbeit von Jurist:innen sehr viel mehr auf theoretischen Grundlagen, die im Studium vermittelt werden.

An Fachhochschulen und im dualen Studium werden Theorie und Praxis ebenfalls spezifisch kombiniert. Das Studium an einer Fachhochschule legt in der Regel einen stärkeren Fokus auf die praktische Ausbildung als das an einer Uni. In einem dualen Studium wiederum wird sowohl eine Hochschule als auch ein Ausbildungsbetrieb besucht, sodass beide Seiten berücksichtigt werden.

Der Weg in den Beruf ist in jedem Fall mit Leistungsbereitschaft und harter Arbeit verbunden. Azubis, Studis und duale Studis verdienen dafür die gleiche Anerkennung.

Duales Studium: Ein duales Studium verbindet Ausbildung und Studium. Die Studierenden wechseln zwischen Hochschule, Berufsschule und Ausbildungsbetrieb hin und her. Meist gibt es Blöcke von mehreren Wochen an der Hochschule oder im Betrieb. Ein duales Studium ist zuweilen zeitintensiver als ein klassisches Studium, doch gleichzeitig er-halten die Studierenden ein Ausbildungsgehalt und werden häufig von ihrem Betrieb nach der Ausbildung übernommen.

Wo verdiene ich hinterher wie viel Geld?

Traditionell wird davon ausgegangen, dass Uniabsolvent:innen später häufiger in Führungspositionen arbeiten und mehr verdienen als ausgebildete Fachkräfte. Wenn man sich den Durchschnitt anschaut, stimmt dies zwar: Ende 2020 lag das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt für Vollzeitbeschäftigte mit akademischem Abschluss bei 5265 Euro, bei Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung hingegen bei 3300 Euro.

Doch der Durchschnitt ist nicht immer ei-ne aussagekräftige Zahl, denn einige akademische Berufe wie Jurist:in, Mediziner:in oder Ingenieur:in ziehen den Durchschnitt stark nach oben, während der Großteil sich in einem etwas niedrigeren Bereich bewegt. Nach Fort- und Weiterbildungen können Aus-gebildete teilweise mehr verdienen als Studienabsolvent:innen.

Daher sollten auch Lehrzeit und finanzielle Aspekte bei der Entscheidung zwischen Studium und Ausbildung berücksichtigt werden. Laut einer Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks wurden 2016 86 Prozent der Studierenden finanziell von ihren Eltern unterstützt, 61 Prozent arbeiteten neben ihrem Studium und 18 Prozent erhielten BAföG. Nach einer Befragung des Personaldienstleisters univativ starten ganze 44 Prozent aller Uniabsolvent:innen mit Schulden aus der Studienfinanzierung ins Berufsleben. Auszubildende hingegen bekommen ein Gehalt, das jährlich ansteigt und sind damit finanziell unabhängiger von ihren Eltern oder Kreditinstituten. Nichtsdestotrotz reicht in den meisten Ausbildungsberufen die Ausbildungsvergütung nicht aus, um Miete und andere Lebenshaltungskosten vollständig zu decken. Daher sind auch Auszubildende teilweise auf Unterstützung wie BAföG angewiesen. Diese finanzielle Unterstützung beschränkt sich jedoch auf die drei Jahre der Ausbildung, während die durchschnittliche Studiendauer von Erstabsolvent:innen 2021 bei vier Jahren lag.

Fazit

Es gibt viele Faktoren, die Schulabgänger:innen entweder in Richtung Ausbildung oder Studium ziehen – und beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist, dass du alle deine Optionen genau kennst und nicht vorschnell eine Entscheidung triffst, weil etwa deine besten Freund:innen sich für diese Ausbildung oder jenes Studium entschieden haben. Entscheidend ist, dass du dir vorstellen kannst, die nächsten Jahre oder sogar Jahrzehnte in diesem Bereich zu arbeiten. Wenn du dir unsicher bist, versuche vorab ein Praktikum zu absolvieren. So kannst du sehen, ob der Job auch wirklich deinen Vorstellungen entspricht. Zudem kann eine Ausbildung auch den Weg für ein anschließendes Studium ebnen und umgekehrt kann ein abgeschlossenes Studium den Einstieg in eine Ausbildung erleichtern. In vielen Fällen kann das Wissen und die Erfahrung aus der ersten Ausbildung von Vorteil sein. Manchmal bietet sich auch die Möglichkeit eines dualen Studiums, das Ausbildung und Studium kombiniert.


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